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Hintergrund

Die Bedeutung der Moorböden für den Klimaschutz

Mit ca. 1,82 Mio. Hektar bedecken Moorböden (kurz für Moor- und weitere organische Böden) lediglich 5% der Landesfläche in Deutschland, speichern jedoch mit 1,3 Milliarden Tonnen in ihren Torfen allein in den obersten zwei Metern ähnliche Mengen an Kohlenstoff wie die lebende Baumbiomasse und das Totholz auf 32% der Landesfläche. Nahezu alle Moore sind in Deutschland jedoch in ihrem natürlichen Wasserhaushalt gestört. Der über Jahrtausende unter permanent wassergesättigten Bedingungen als Torf akkumulierte Kohlenstoff kommt durch die großflächigen Entwässerungsmaßnahmen in Kontakt mit Luftsauerstoff und wird von Mikroorganismen mineralisiert. Das bei diesem Prozess entstehende Kohlendioxid (CO2) ist deutschlandweit für ca. 90 % aller Treibhausgasemissionen (Summe aus Kohlendioxid-, Methan- und Lachgasemissionen) aus Moorböden verantwortlich. Mit ca. 54 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten waren 2021 alle Moorböden zusammen für 7% der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Die im Klimaschutzgesetz verankerten Ziele (Treibhausgasneutralität bis 2045) können daher nicht ohne Maßnahmen zur Emissionsminderung aus Moorböden erreicht werden.

Der Schutz der Moorböden als geeignete und notwendige Maßnahme zum Klimaschutz ist in den öffentlichen und politischen Fokus gerückt und wird unter anderem im Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz, der Bund-Länder-Zielvereinbarung zum Klimaschutz durch Moorbodenschutz sowie der nationalen Moorschutzstrategie adressiert und konkretisiert. In der Bund-Länder-Zielvereinbarung zum Klimaschutz durch Moorbodenschutz wurde eine Reduktion der jährlichen Treibhausgasemissionen aus Moorböden um 5 Millionen Tonnen bis 2030 fixiert. Im Klimaschutzgesetz wurden Ziele für den Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) für 2030 verankert. So muss dieser Sektor bis 2030 eine Netto-Senke von mindestens 25 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten sein. Da auch die Waldsenke aufgrund u.a. aufgrund von Trockenheit und Kalamitäten unter Druck steht, sind Klimaschutzmaßnahmen im Bereich organischer Böden umso dringlicher.

Moorböden in Bewegung

Unter natürlichen, wassergesättigten und sauerstoffarmen Bedingungen wachsen Moore durch die Akkumulation von nicht vollständig abgebautem Pflanzenmaterial (z.B. Torfmoose oder Rhizome von Sauergräsern) als Torf stetig in die Höhe. Das jährliche Höhenwachstum des Torfkörpers ist mit 1 mm zwar gering, die damit verbundene Einlagerung des atmosphärischen Kohlenstoffdioxids jedoch ist dauerhaft. Der so gebildete sedentäre (= von unten nach oben aufgewachsene) Torf ist im Vergleich zu Mineralböden durch eine komprimierbare Bodenmatrix gekennzeichnet. Änderungen im Moorwasserstand durch witterungsbedingte Einflüsse (Niederschlag und Verdunstung) führen zu einer Volumenänderung des Moorkörpers und zu einer vertikalen Bewegung der Mooroberfläche. Indem die Oberfläche dem Wasserspiegel folgt, werden die Schwankungen des Moorwasserstands relativ zur Mooroberfläche gedämpft, was oberflächlicher Austrocknung und oxidativem Torfverzehr entgegenwirkt. Diese allein auf physikalische Prozesse basierende Oszillation der Mooroberfläche wird auch als „Mooratmung“ beschrieben.

Werden die Moorböden für eine auf Entwässerung basierende Nutzung (z.B. Torfabbau, Landwirtschaft) entwässert, verlieren die Moorböden in einem ersten Schritt in kurzen Zeiträumen merklich an Höhe. Die oberen Torfschichten sacken durch das Fehlen des Auftriebs zusammen und erhöhen die Auflast auf tiefere Torfschichten, welche in Konsequenz ebenfalls zusammengedrückt werden. Die Prozesse der Sackung und der Konsolidierung sind auf physikalische Prozesse zurückzuführen. Eine Änderung des Kohlenstoffvorrates erfolgt durch diese Prozesse nicht. Erst der Eintritt von Luftsauerstoff in die oberen Torfschichten führt in einem zweiten Schritt zu einer anhaltenden Mineralisation des Torfkörpers. Durch den mikrobiellen Ab- und Umbau des Torfes im Oberboden wird dauerhaft organische Bodensubstanz in Kohlenstoffdioxid umgewandelt und an die Atmosphäre abgegeben. Der Kohlenstoffvorrat des Torfkörpers verringert sich und führt zu einem mittleren jährlichen Höhenverlust von ca. 1 cm. Eine in 1.000 Jahren gebildete Torfschicht wird so innerhalb von lediglich 100 Jahren dauerhaft zerstört.

Der Prozess der Mineralisation kann nur gestoppt werden, wenn der Wasserstand so weit angehoben wird, dass im gesamten Torfkörper wieder dauerhaft wassergesättigte Bedingungen vorherrschen. Dann füllen sich die ehemals ungesättigten Poren und die zuvor entwässerten Bereiche des Torfkörpers quellen zurück. Der sich erhöhende Auftrieb entlastet auch tiefere Torfschichten, die nie entwässert waren. Diese Prozesse führen initial in wiedervernässten Moorböden zu einer Erhöhung der Geländeoberfläche. Eine Veränderung des Kohlenstoffvorrates erfolgt durch diese Prozesse nicht. Eine Zunahme der Kohlenstoffvorräte durch Akkumulation von Torf und damit Kohlenstoff hängt zusätzlich zur Wiederherstellung wassergesättigter Bedingungen davon ab, ob sich torfbildende Pflanzen etablieren.

Messung der Geländehöhenänderungen

Geländehöhenänderungen von Moorböden beruhen auf einer Überlagerung von physikalischen und biologischen Prozessen. Jedoch führen lediglich die biologischen Prozesse zu einer Veränderung des Kohlenstoffvorrates. Für die Bewertung der Klimawirksamkeit müssen daher die physikalischen von den biologischen Prozessen getrennt werden. Um dies zu erreichen, sind langfristige Aufnahmen der Geländehöhenänderungen sowie Kenntnisse über den Einfluss wichtiger Steuergrößen (z.B. Wasserstand, Torfeigenschaften) auf die einzelnen Prozesse notwendig. Die Ermittlung langjähriger mittlerer Höhenänderungen als Folge von Torfakkumulation oder Torfmineralisation kann im Anschluss zur Ableitung von Kohlendioxidemissionen verwendet werden, wenn wesentliche Informationen (Trockenrohdichte, Kohlenstoffgehalt) der betroffenen Torfschichten bekannt sind. Das Erfassen der Geländehöhenänderungen auf den Monitoringflächen bildet den zentralen Ansatz zur Bewertung der langfristigen Klimawirksamkeit im Moorbodenmonitoring. Hierzu werden alle Flächen regelmäßig terrestrisch vermessen. Dies wird an einigen ausgewählten Monitoringflächen durch automatisierte stündliche Messungen der Geländehöhen mit eigens dafür entwickelten „Seilzugsensoren“ ergänzt, um besser zu verstehen, wie sich kurzfristige Schwankungen (z.B. durch Niederschläge) von langfristigen Trends unterscheiden lassen.

Inventur der Kohlenstoffvorräte

Das Moorbodenmonitoring hat zum Ziel „alle“ in Deutschland relevanten Moorböden abzubilden. Insbesondere bei flachgründigen (z.B. Anmoorgley) sowie anthropogen stark veränderten Moorböden (Treposol) ist davon auszugehen, dass mit Hilfe der Geländehöhen keine verlässlichen Änderungen im Kohlenstoffvorrat abgeleitet werden können. Daher wird im Moorbodenmonitoring ein dualer Ansatz verfolgt und zusätzlich zu den Geländehöhen auf allen Flächen eine Inventur der Kohlenstoffvorräte vorgenommen. Im Gegensatz zu bestehenden Beobachtungsprogrammen von Böden (z.B. BZE-LW), welche die Kohlenstoffvorräte lediglich bis in definierte Tiefen aufnehmen (z.B. 50 cm, 100 cm), werden im Moorbodenmonitoring die Kohlenstoffvorräte für den gesamten Moorkörper (Torf- und Muddeschichten) bis  zum mineralischen Untergrund erfasst. Mit Hilfe von Wiederholungsinventuren können zukünftig Änderungen im Kohlenstoffvorrat (Zu- oder Abnahme) erfasst und mittlere Emissionen von Kohlendioxid abgeleitet werden.


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